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Von Jürgen Selonke
27 Millionen der in Deutschland lebenden Menschen sind Digital Outsiders, nutzen das Internet also kaum oder gar nicht. Viele fühlen sich überfordert, sind ängstlich und verhalten sich deshalb sehr reserviert gegenüber den Möglichkeiten des Mediums. Das ist ein Ergebnis der DIVSI Milieu-Studie.
Eine wichtige, auch gesellschaftspolitische Aufgabe liegt also darin, diese meist älteren Menschen fit im Umgang mit dem Internet zu machen. Einen erfolgreichen Weg zur Lösung dieser Aufgabe geht seit rund vier Jahren „Starthilfe50.de“. Wir sprachen darüber mit Andreas Dautermann und Kristoffer Braun, den Machern und Verantwortlichen des Projekts.
„Leicht verständliche Erklär-Filme helfen ungeübten Anwendern Schritt für Schritt bei der Nutzung von Computer, Internet und Programmen. Dabei wird bewusst auf englische Fachbegriffe verzichtet und didaktisch gezielt auf Menschen eingegangen, die nicht mit dem Computer aufgewachsen sind. Ein zentrales Thema der Erklär-Videos ist der sichere Umgang mit dem Computer und dem Internet.“
„Wer mit einem Fahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, ist in der Regel stets bedacht, für seine eigene Sicherheit zu sorgen. Zahlreiche Maßnahmen helfen dabei. Bremsen werden genauso kontrolliert wie Ölstand und Kühlwasser. Winterreifen werden aufgezogen, und man bemüht sich, vorausschauend zu fahren. Kaum jemand würde in Frage stellen, dass jeder in erster Linie selbst für seine Sicherheit verantwortlich ist. Auch bei der Nutzung des Internets ist Sicherheit ein wichtiges Thema. Doch hier sind die erforderlichen Maßnahmen weitaus weniger selbstverständlich. Der Vergleich mag etwas hinken, da im Straßenverkehr die eigene Gesundheit gefährdet ist, während man im Internet keine körperliche Schädigung davon tragen kann. Doch durch digitale Betrügereien und unvorsichtige Internet- Nutzung können erhebliche finanzielle Schäden entstehen.“
„Nach unserer Erfahrung meist ältere, noch ungeübte Computernutzer.“
„Unsere Erfahrungen zeigen, dass immer wieder die gleichen Fragen und Probleme auftauchen. Grundsätzlich stellen wir eine Ängstlichkeit bei der Internet-Nutzung fest, die sich auf Sicherheitsbedenken gründet. Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang allerdings ein oft erstaunliches Verhalten zu beobachten.“
„An manchen Stellen herrscht zu viel Sorge, während tatsächlichen Gefahren nur wenig Beachtung geschenkt wird. So lehnen viele Online-Banking wegen Sicherheitsbedenken ab, obwohl hier von den Banken durch standardmäßige SSL- Verschlüsselung und PIN-/TAN-Verfahren eine Menge zum Schutz der Nutzer getan wird. Gleichzeitig jedoch lässt sich ein leichtfertiger Umgang mit sozialen Netzwerken registrieren. Hier werden sehr private Informationen öffentlich preisgegeben – oft aus Unkenntnis. Denn einschränkende Maßnahmen muss der Nutzer selbst treffen. Dazu ist er allerdings häufig nicht in der Lage. Wie die neue DIVSI Entscheider-Studie zeigt, schieben die Macher des Internets gern den Nutzern die Verantwortung zu. Wir wissen, dass zumindest Anfänger damit in der Regel überfordert sind.“
„Sehr häufig wird versäumt, Programme stets auf dem aktuellen Stand zu halten, also regelmäßige Updates durchzuführen. Wir zeigen in unseren Aufklärungsfilmen, dass dies in besonderem Maße für das eigene Betriebssystem, den Virenscanner und den Internet-Browser gilt, denn Programme, die nicht auf dem neuesten Stand sind, bieten Sicherheitslücken. Beim Virenscanner ist die Notwendigkeit der Aktualisierung besonders nachvollziehbar, da dieser immer nur so gut ist wie sein letztes Update. Täglich kommen neue schädliche Anwendungen in Umlauf. Der Virenscanner kann nur diejenigen erkennen und entfernen, die ihm durch das letzte Update mitgeteilt wurden.“
„Kaum ein Internet-Einsteiger weiß, wie wichtig sorgfältig gewählte Passwörter sind. Das gilt besonders, um den Zugang zu privaten Daten wie E-Mail-Konto oder Online- Banking zu sichern. Im Grunde bringen wir hier das kleine 1×1 bei: Ein gutes Passwort besteht aus mindestens acht Zeichen, enthält sowohl Zahlen als auch Buchstaben, zudem werden Groß- und Kleinschreibung kombiniert. Unbedingt zu vermeiden ist das Nutzen von Wörtern des normalen Sprachgebrauchs als Passwort.“
„Spam-E-Mails, also massenhaft versendete E-Mail-Nach- richten, sind in erster Linie ärgerlich, weil sie das Postfach verstopfen und oft unerwünschte Werbung enthalten. Hier machen wir deutlich, dass solche E-Mails auch Viren und Trojaner enthalten können oder versuchen, dem Empfänger sensible Daten wie Passwörter oder PIN-Nummern zu entlocken – das sogenannte Phishing. Häufig werden hierbei raffiniert die Internet-Auftritte seriöser Firmen visuell kopiert.“
„Jede E-Mail mit unbekanntem Absender genau prüfen und niemals deren Anhänge öffnen. Enthält die E-Mail Fehler in der Rechtschreibung oder wurde sie beispielsweise mitten in der Nacht versendet, so ist dies ein deutliches Indiz für eine Spam-E-Mail. Seriöse Firmen wenden sich außerdem bei sensiblen Themen nicht per E-Mail an ihre Kunden, hier sollte man also skeptisch sein.“
„Wer das Internet auf einem fremden Computer oder mit mehreren Personen gemeinsam nutzt, hinterlässt oft Spuren für nachfolgende Nutzer. Häufig speichern Browser Passwörter, Suchabfragen oder den gesamten Verlauf besuchter Seiten ab. Diese Daten sind dann später auch für andere Personen einsehbar. Daher empfiehlt es sich, den privaten Modus zu aktivieren. Alle Browser bieten mittler- weile die Möglichkeit des privaten Surfens an. Ist dieser Modus aktiviert, werden keinerlei Daten in der Chronik gespeichert.“
„Das Unwissen ist riesengroß. Alle erwähnten Verhaltensweisen und Handlungen erschließen sich Neulingen am Computer nicht ohne kompetente Hilfe von außen. Doch anders als im Straßenverkehr gibt es weder eine Fahrschule, die wesentliche Prinzipien der Sicherheit vermittelt,
noch einen TÜV, der in regelmäßigen Abständen das Fahrzeug auf seine Sicherheit hin überprüft. Bei der Internet- Nutzung liegt die Sicherheit nahezu allein in der Hand des Nutzers, dem häufig die tatsächlichen Gefahren und mögliche Gegenmaßnahmen kaum bekannt sind. Daher ist es besonders wichtig, in dieser Hinsicht aufzuklären und auch in der Erwachsenenbildung nachhaltig Medienkompetenz zu vermitteln, damit Grundvoraussetzungen zur sicheren Inter- net-Nutzung verstanden und angewendet werden können.“
Andreas Dautermann (* 1980) und Kristoffer Braun (* 1982) sind Gründer und Geschäftsführer von Starthilfe50. Beide haben seit 2006 an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz Publizistik studiert und 2012 als Magister Artium abgeschlossen. In ihren wissenschaftlichen Abschlussarbeiten untersuchen sie die Interessen der älteren Computernutzer und evaluieren Methoden zur Steigerung der Medienkompetenz. Die Idee für Starthilfe50 kam ihnen bereits zu Studentenzeiten, als sie neben dem Studium älteren Computernutzern bei PC-Problemen behilflich waren. Durch diese private Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Problematik der „Digital Divide“ entwickelte sich zunehmend ein persönliches Engagement für die Onliner der Generation 50plus. Mittlerweile wird ihre PC-Hilfe in ganz Deutschland genutzt. Für ihre Arbeit an Starthilfe50 wurden sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie beim Wettbewerb „Wege ins Netz“ und vom Ministerium des Inneren des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Die Erklär-Filme können unter www.starthilfe50.de kostenfrei und werbefrei angesehen werden.