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Hackathon – Bessere Ideen als bei Start-Ups

18. Januar 2016

Hackathon – Bessere Ideen als bei Start-Ups

Bild: David Gómez (CC BY 3.0)

Zum 3. Mal Begeisterung bei „Jugend hackt“: Mit Code die Welt verbessern.

Von Stephanie Weber

Schon immer übten Computer eine unheimliche Faszination auf mich aus. Nach der Schule spielte ich Pong auf dem Röhrenbildschirm unseres Heimcomputers, später schlug ich sogar meinen kleinen Bruder bei Rennspielen auf der Spielekonsole. Was „Internet“ bedeutet, war mir anfangs nicht ganz klar und auch nicht, warum das Modem immer so komische Geräusche machte, wenn es versuchte, durch die Leitung nach draußen zu kommunizieren. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass man solche Spiele oder andere nützliche Dinge selbst gestalten kann durch bloße Eingabe von Befehlen an den Computer – geschweige denn wusste ich, wie und wo man das lernen kann. Auch Jahre später, als das Internet selbstverständlicher täglicher Bestandteil meines Lebens wurde, empfand ich Programmieren als geheimnisvolle Magie.

Heute wachsen die Jugendlichen umgeben von vernetzter Technik auf. Smarte Haushaltsgeräte, Smartphones und Smartwatches sind eine Selbstverständlichkeit. Diese Gadgets tagtäglich zu benutzen, ist eine Seite, diese aber auch zu hinterfragen und zu verstehen, eine andere.

Junge Visionen

Die Schule unterstützt die heranwachsende Generation in diesem Aspekt bis jetzt nicht ausreichend. Obwohl Politiker und Bildungsverantwortliche nach Nachwuchs im MINT-Bereich schreien und auch die IT-Branche wohl aktuell die mit dem größten Nachwuchsbedarf ist, gibt es noch sehr wenige Initiativen, die sich darum kümmern, Kinder und Jugendliche an dieses Thema heranzuführen. Und das, obwohl es seit Jahrzehnten staatlich geförderte Wettbewerbe wie „Jugend musiziert“ oder „Jugend forscht“ gibt.

Deswegen hat sich die Open Knowledge Foundation gemeinsam mit mediale pfade aus Berlin auf die Fahne geschrieben, das zu ändern. „Jugend hackt“ wurde im Jahr 2013 ins Leben gerufen und ist ein gemeinnütziges Förderprogramm für computerbegeisterte Mädchen und Jungen zwischen 12 und 18 Jahren aus ganz Deutschland mit dem Motto: „Mit Code die Welt verbessern“.

Hackathon Hardware Hacks

Hardware-Hacks: Auch für den Hardware-begeisterten Bastler gab es viele Möglichkeiten, neue Dinge auszuprobieren. (Bild: David Gómez (CC BY 3.0)

Gemeinsam mit anderen Gleichgesinnten arbeiten die Jugendlichen an digitalen Werkzeugen für ihre Vision einer besseren Gesellschaft. Dabei liegt besonderes Augenmerk nicht nur auf der Auseinandersetzung mit Open Data und Open Source, sondern vor allem auch in der Vernetzung der Jugendlichen unter sich. Die meisten haben sich ihre technologischen Fähigkeiten unabhängig von Elternhaus oder Schule angeeignet und sind froh, bei „Jugend hackt“ „endlich normale Leute“ zu treffen.

Manche Teilnehmer sind überrascht und sogar beruhigt, dass es „noch mehr solche Leute gibt wie sie selbst“. Die meisten sind ganz normale Jugendliche, die viele Freunde haben, im Sportverein sind und auch sonst nichts mit dem Klischee eines nicht sozialen Keller-Nerds zu tun haben.

Das Format von „Jugend hackt“ ist ein über ein gesamtes Wochenende dauernder Hackathon – eine Wortschöpfung aus „Hacken“ und „Marathon“. DIVSI gehört zu den Sponsoren des Projekts. Das Ziel ist nicht, am Ende ein komplett fertiges Produkt zu haben, sondern dass die Teilnehmer ihre eigenen Ideen und Projekte im Team gemeinsam prototypisch umsetzen und ihre (fast) fertigen Lösungen dann vorstellen.

Dazu gehört auch, dass Dinge schiefgehen, und das ist gut so. Jeder Fehler führt näher zum Ziel, und jede Idee und jeder Prototyp sind es wert, erklärt und präsentiert zu werden. Anders als in der Schule geht es bei „Jugend hackt“ nicht um Noten, sondern darum, sich mit Problemen auseinanderzusetzen und diese frühestmöglich mit anderen zu besprechen – wie im restlichen Leben auch.

Project Social Connections

Ausgezeichnet: Emmi vom Team „Project Social Connection“ (Bild: David Gómez (CC BY 3.0).

Integraler Bestandteil von „Jugend hackt“ sind ehrenamtliche und technisch versierte Mentor/innen mit verschiedenen Themenschwerpunkten. Sie stehen den Jugendlichen bei der Umsetzung ihrer Soft- und Hardwareprojekte das ganze Wochenende über helfend beiseite. Im ersten Jahr waren es 60 Teilnehmende, im darauffolgenden Jahr schon 120, und dieses Jahr fand „Jugend hackt“ erstmalig nicht nur in Berlin statt, sondern auch regional in Süd, Ost, Nord und West. Insgesamt konnte die Veranstaltung jetzt schon knapp 300 teilnehmende Jugendliche anziehen.

Bei „Jugend hackt Nord“ entstanden diesmal in Hamburg Projekte wie „Social Connection“ und „Moin Refugees“. Diese Entwicklungen lassen keinen Zweifel daran, dass sich die Jugendlichen Gedanken machen um ihre Mitmenschen und wie sie die Gesellschaft mit ihrem Code ein Stückchen besser machen können.

Gewinner

Den Preis in eben dieser Kategorie „Mit Code die Welt verbessern“ holten sich dann auch die zwei Mädchen von „Social Connection“ – einer Plattform, die eine Übersicht über alle sozialen Projekte in der Nähe bietet und so die Suche und Teilnahme an ehrenamtlicher Arbeit erleichtert.

Moin Refugees

Ausgezeichnet: Moritz, Finn und Noah mit ihrem Mentor von der Projektgruppe „Moin Refugees”. (Bild: David Gómez (CC BY 3.0)

Mit der App „Moin Refugees“ traf die gleichnamige Projektgruppe den Nerv des aktuellen Zeitgeschehens: Ihre App bietet alle notwendigen Infos sowohl für Helfer/innen als auch für Geflüchtete, sogar mit schon integriertem Spendensystem. Die Jury und das Publikum waren so begeistert, dass sie dafür den Publikumspreis und den Preis für das beste Design gewinnen konnte.

Viele Jugendliche kommen schon mit eigenen Ideen und aktuellen Fragestellungen zu „Jugend hackt“ hin, um diese dann mithilfe eines Brainstormings und ihrer Projektgruppe umzusetzen. 2014 war ich zum ersten Mal als Mentorin bei „Jugend hackt“ in Berlin dabei und war sehr erstaunt, wie die Jugendlichen aktuelle politische und gesellschaftsrelevante Aspekte mit einbeziehen und untereinander diskutieren.

Seitdem mache ich mir um die Zukunft unserer Gesellschaft keine Sorgen mehr, anders, als in vielen anderen Artikeln gerne behauptet wird! Ein Projekt von 2014 war beispielsweise „Awearness“, bei dem die Jugendlichen ein Armband im 3-D-Drucker ausgedruckt haben. Mithilfe eines eingebauten Sensors, der Bluetooth-Verbindung zum Smartphone und einer App vibriert das Armband, sobald man sich im Umkreis von 50 Metern innerhalb einer Überwachungskamera befindet.

Diese hohe Qualität der präsentierten Arbeiten lässt das Publikum und die Jury bei den öffentlichen Abschlusspräsentationen staunen. Manch einer behauptet sogar, dass die Pitches besser sind als die mancher ansässiger Start-Ups.

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Der Autor

Stephanie Weber

Stephanie Weber

Foto: Leonard Wolf

leitet die User Experience Design Abteilung bei der Immonet GmbH. In ihrer Freizeit engagiert sie sich bei Code for Hamburg für nützliche Tools zur Verbesserung der Stadt.

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