Bild: faithie – Shutterstock
Unter den Jugendlichen formiere sich eine „Avantgarde von digitalen Aussteigern“, sagte Jugendkulturforscher Philipp Ikrath kürzlich am Rande des Kinderschutzforums in Köln. Die Gegenbewegung löse sich von der „totalen Umarmung des Digitalen“, die der jungen Generation gemeinhin nachgesagt wird, und schaffe bewusst eine Parallelsphäre, in der das Analoge, wie persönliche Freundschaften, Naturerlebnisse, Handwerkerarbeiten und Kochen gefeiert werden würde.
Ikrath führt als Beispiel die wachsenden Phänomene „Facebook-Defriending“ (Kündigung von Facebook-Freundschaften) und „digitaler Selbstmord“ (Löschung des eigenen Social-Network-Profils) auf. Tatsächlich verzeichnete Facebook laut Socialbakers 2013 einen merklichen Rückgang von jungen Usern in westlichen Ländern, u.a.:
Derartige Statistiken sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, da die Facebook-Nutzerzahlen immer relativ starken Schwankungen unterliegen.
Der Rückgang von Facebook-Usern muss indes nicht zwangsläufig Ausdruck der von Ikrath angesprochenen analogen Gegenbewegung sein, sondern kann auch mit der wachsenden Unzufriedenheit mit dem sozialen Netzwerk, etwa durch die Überflutung des Newsfeed mit Content Spam, oder der Abwanderung zu anderen sozialen Netzwerken wie Snapchat, Tumblr oder Instagram zusammenhängen.
Content Spam verdrängt Beiträge von Freunden aus dem Newsfeed (Grafik: The Daily Dot)
Forscher der Universität Wien befragten über 600 Nutzer und ermittelten die drei häufigsten Ursachen für die Löschung des eigenen Facebook-Kontos:
Statistisch lässt sich die analoge Gegenbewegung nur schwer ausmachen. Die DIVSI U25-Studie zeigt, dass nahezu alle Jugendlichen online sind. Nur 2 Prozent der Befragten in der Altersgruppe 14-24 Jahren sind offline. Online-Sein ist vollständig in den Alltag integriert und „offline“ stellt für den Großteil der Befragten einen Ausnahmezustand dar. 82 Prozent der 9-13-Jährigen und 71 Prozent der 14-24-Jährigen stimmen zu, dass ein komplettes Offline-Sein in der Zukunft nicht möglich sein wird.
So beurteilt die U25-Generation die zukünftige Bedeutung des Internets – Aufschlüsselung nach Alter (Grafik: DIVSI U25-Studie)
U25-Milieu: Verantwortungsbedachte (Grafik: DIVSI U25-Studie)
Zwar ist der Anteil der Offliner in der U25-Generation verschwindend gering, doch finden sich im Spektrum der U25-Milieus Persönlichkeitsstrukturen, an die sich die von Ikrath beschriebene kritische Einstellung gegenüber dem Digitalen anknüpfen lassen. Ein genauerer Blick auf die Internet-Milieus der U25-Generation zeigt, dass die digitalen Aussteiger am ehesten in dem Milieu der Verantwortungsbedachten verortet werden können: