Es war der 3. August 1984, 10:14 Uhr MEZ. Michael Rotert von der Universität Karlsruhe empfing unter seiner Adresse „rotert@germany“ die erste E-Mail in Deutschland – eine Grußbotschaft von Laura Breeden an der US-amerikanischen Plattform CSNET aus Cambridge (Massachusetts). Begeisterung überall, eine neue Möglichkeit der schriftlichen Kommunikation war geboren. Schneller als alles, was es bislang gegeben hatte.
Gut 30 Jahre später ist die im Prinzip längst angenommene E-Mail allerdings ins Gerede gekommen. Unternehmen und zunehmend Behörden wollen ihren Arbeitsalltag mit E-Mails vereinfachen, verschlanken und rationeller gestalten. Nach Ansicht vieler Experten nicht immer zum Vorteil der Kunden und Bürger. DIVSI hat deshalb gemeinsam mit dimap in zwei repräsentativen Umfragen die Stimmung in der Gesellschaft zu der Entwicklung unter die Lupe genommen. Dabei wurden in Telefoninterviews insgesamt 1946 Bürger ab 18 Jahren befragt.
Die wesentlichen Erkenntnisse der beiden Befragungen steuern in eine Richtung und werfen nicht unbedingt ein gutes Licht auf die zunehmend geübten Praktiken. Demnach gilt: Die Mehrheit der Bevölkerung…
Tatsächlich sieht die Mehrheit der Bevölkerung die Tendenz, dass Unternehmen und Behörden wichtige Dokumente und Infos per Mail verschicken oder in Online-Postfächern hinterlegen, deutlich negativ. Die Umfrage ergab im Detail: Insgesamt 55 Prozent der Befragten bewerten diesen Trend als eher schlecht (35 Prozent) oder gar sehr schlecht (20 Prozent). 29 Prozent beurteilen dies dagegen als eher gut und nur 10 Prozent als sehr gut.
Die Antworten fallen je nach Alter und Geschlecht unterschiedlich aus: Während 58 Prozent der 18- bis 34-Jährigen der elektronischen Zustellung von Dokumenten positiv gegenüberstehen, bewerten alle anderen Altersgruppen dies mehrheitlich als schlecht. Die stärkste Ablehnung zeigt sich bei den über 65-Jährigen: Zwei Drittel von ihnen sind gegen die Entwicklung. Auch bei den Frauen finden rund 60 Prozent diese Art der elektronischen Übermittlung sehr schlecht oder eher schlecht, bei den Männern halten sich Pro und Contra die Waage.
Die Umfrage zeigt weiterhin: Eine deutliche Mehrheit der Bürger sorgt sich um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten, wenn ihnen wichtige Inhalte per E-Mail zugesandt werden oder in einem Online-Postfach landen. 64 Prozent äußern Sicherheitsbedenken. Dabei geben 26 Prozent der Befragten an, sehr besorgt zu sein, 38 Prozent zeigen sich eher besorgt.
Matthias Kammer, Direktor des DIVSI, mahnte mit Blick auf die Ergebnisse der Umfrage: „Weite Teile der Bevölkerung begegnen der neuen Tendenz von Unternehmen und Behörden ausgesprochen skeptisch. Bei allen Digitalisierungsbestrebungen gilt es, die Interessen der Kunden und Bürger nicht aus den Augen zu verlieren und ihre Besorgnisse ernst zu nehmen. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, wenn Banken, Versicherungen, Kommunikationsdienstleister, Ver- und Entsorger sowie Behörden über die schleppende Digitalisierung ihrer Kommunikation zum Kunden klagen.“
Es scheint fraglich, ob sich diese Entwicklung in nächster Zukunft beschleunigen wird. Denn eine Mehrheit der Bevölkerung von 55 Prozent beurteilt die Kommunikation per E-Mail als eher nicht oder gar nicht vertrauenswürdig. Nur 37 Prozent sind generell gegenüber der E-Mail positiv gestimmt. Lediglich drei Prozent haben volles Vertrauen in die E-Mail.
Internet-Nutzer schätzen die Vertrauenswürdigkeit tendenziell höher ein: 44 Prozent empfinden Kommunikation per E-Mail als eher bzw. sehr vertrauenswürdig, mit 54 Prozent aber immer noch mehrheitlich als eher nicht oder gar nicht vertrauenswürdig.
Auffällig: Mit dem Alter steigt die Skepsis gegenüber dem Kommunikationsmittel. 59 Prozent der über 65-Jährigen beurteilen Kommunikation über E-Mail als eher nicht oder gar nicht vertrauenswürdig, nur 23 Prozent dagegen als eher oder sehr vertrauenswürdig. Anders die unter 35-Jährigen: Sie halten die E-Mail zu 52 Prozent für eher oder sehr vertrauenswürdig, 45 Prozent für eher nicht oder gar nicht vertrauenswürdig.
Diese Ergebnisse der Umfragen verdeutlichen: Obwohl die E-Mail ein zentraler Bestandteil der heutigen Kommunikationsmittel ist, zweifelt die Mehrheit der Bevölkerung an ihrer Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit.
Zudem haben viele Internet-Nutzer Schwierigkeiten, die Seriosität von Absendern einzuschätzen. 65 Prozent fällt dies schwer. Sie sind häufig (28 Prozent) oder gelegentlich (37 Prozent) unsicher, ob E-Mails von einem zuverlässigen Absender stammen.
Lediglich 33 Prozent fühlen sich dabei selten oder nie unsicher. Je nach Alter und Geschlecht weichen die Antworten der Befragten leicht ab. Während 70 Prozent der über 65-Jährigen häufig bzw. gelegentlich unsicher darüber sind, ob eine E-Mail gefälscht sein könnte, beträgt der Anteil bei den unter 35-Jährigen 60 Prozent.
Noch einmal Matthias Kammer: „Wenn zwei Drittel der Menschen zumindest des Öfteren unsicher sind, ob eine Mail von einem seriösen Absender stammt, dann zeigt das eine gesunde Vorsicht, ja Wachsamkeit der Bevölkerung gegenüber Fake-Mails. Einerseits muss alles getan werden, damit die Mail als zentrales Kommunikationsmittel im Alltag an Vertrauenswürdigkeit gewinnt, und andererseits müssen wir die Internet-Nutzer unterstützen, damit sie unseriöse Absender erkennen können.“