Bürgermeister Olaf Scholz sprach über Vertrauen im Internet
Hamburg – Olaf Scholz, Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, hat vier wichtige Voraussetzungen identifiziert, die letztlich für mehr Vertrauen im Internet sorgen sollen. Es reiche nicht aus, wenn die digitale Wirtschaft an das Vertrauen der Kunden und Bürger appelliere. Es müssten vielmehr die strukturellen Voraussetzungen hierfür geschaffen werden. Olaf Scholz sprach im Rahmen eines Senatsempfangs im Hamburger Rathaus, als Prof. Dr. Roman Herzog seine neue Aufgabe als DIVSI-Schirmherr übernahm.
Auszüge aus der Rede von Bürgermeister Olaf Scholz im Hamburger Rathaus:
„Warum braucht das Internet Vertrauen?
Wahrscheinlich ist es von allem ein bisschen. Wir brauchen Vertrauen, weil die Verhältnisse ganz schön kompliziert geworden sind. Oder, um es in den Worten des Soziologen Niklas Luhmann zu sagen: Vertrauen ist ein Mechanismus zur „Reduktion von Komplexität“. Das heißt letztlich, dass wir immer zwei grundlegende Optionen haben, wenn wir auf etwas stoßen, das wir nicht auf Anhieb verstehen:
Wir können uns entweder daran machen, Logik, Funktionsweise und Sinnhaftigkeit des neuen Phänomens zu ergründen. Oder wir können Vertrauen im Voraus investieren, weil wir davon ausgehen, dass alles schon mit rechten Dingen zugehen wird. Immer häufiger bleibt uns nur die zweite Option. Es ist eine Paradoxie der Aufklärung, das wir zwar theoretisch immer mehr wissen und verstehen können, gleichzeitig aber ganz praktisch immer mehr vertrauen müssen.
Auch in der digitalen Gesellschaft geht es nicht ohne Vertrauen als eine wesentliche Ressource des Zusammenlebens und des Wirtschaftens.
Aber natürlich ist dieses Vertrauen nicht blind oder bedingungslos. Vertrauen ist die Folge von Erfahrungen.
Mit dem Vertrauen ist es wie mit einem Kartenhaus. Der Aufbau dauert lange und braucht eine ruhige Hand. Das Zerstören geht im Zweifel ganz schnell. Jede Panne, die bekannt wird, kann die Entwicklung um Jahre zurückwerfen, auch wenn es sich klar um einen Einzelfall handelt.
Da unterscheidet sich das Internet nicht von anderen Geschäftsbereichen oder von der Politik. Ein einziges faules Ei verdirbt den ganzen Kuchen. Deswegen ist es wichtig, dass die digitale Wirtschaft sich um ihre Vertrauenswürdigkeit und um die Sicherheit ihrer Geschäftsmodelle kümmert.
Ich möchte die vier aus meiner Sicht wichtigsten Voraussetzungen kurz nennen:
Die EU-Kommission wirbt ja gerade für ihren Entwurf einer EU-weiten Datenschutzverordnung mit dem Argument, dass die klare Normierung auch vertrauensbildend wirken werde. Und dieses Argument hat seine Berechtigung. Denn nur wenn ich als Kunde weiß, dass es auch eine Instanz gibt, die meine Rechte durchsetzen kann, wenn sie berechtigt sind, werde ich Misstrauen abbauen können.
Zugleich aber muss der Staat auch aufpassen, dass er die Marktteilnehmer nicht entmündigt, indem er – beispielsweise in Daten- und Verbraucherschutzfragen – prinzipielle Erwägungen so absolut setzt, dass er dadurch von allen Teilnehmern gewünschte und akzeptierte Geschäftsmodelle verhindert. Der Tausch Daten gegen Dienstleistungen ist da ein Beispiel. Hier müssen alle noch gemeinsam miteinander nachdenken, wie eine vernünftige, grundrechtlich einwandfreie und wirtschaftlich akzeptable Lösung aussehen kann, die dann auch noch vertrauensbildend ist.
Hamburg ist sich seiner Verantwortung als Kaufmanns- und als Medienstadt für diese Fragen sehr wohl bewusst.
Wir wollen gemeinsam mit der Medien- und Internetwirtschaft und den Bürgern die Chancen für Freiheit und Zusammenhalt, für Prosperität und Gerechtigkeit ergreifen, die in der digitalen Gesellschaft stecken.
Deshalb sind wir hier in Hamburg engagiert mit Kreativität und Freude dabei, die digitale Ordnung des 21. Jahrhunderts mit zu gestalten. Das geht nur, wenn wir auf eine intelligente und flexible Governance-Struktur setzen. Einen Beitrag dazu kann sicherlich auch DIVSI, das Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet leisten.“