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Von Melanie Lemke
Mein Berufsumfeld ist durch das Netz geprägt, schließlich arbeite ich bei einem internationalen Handelsunternehmen, das den größten Teil seines Umsatzes über das Internet abwickelt. Aber auch privat ist das Internet ein wichtiger Bestandteil meines Alltags.
Ich habe meinen MBA in Neuseeland gemacht und dort jede Menge neue Freundschaften geschlossen. Mit Menschen aus vielen Ländern unserer Erde. Wir haben gemeinsam studiert, sind danach in die Heimat zurück gegangen. Facebook hilft mir heute, den Kontakt zu diesem weltweiten Freundeskreis zu halten. Bequem, blitzschnell, wann immer ich will. Das finde ich großartig.
Mein neues iPhone ist ein kleines Wunder. Man hat ständig alle Informationen parat, hat die Kamera und Musik immer dabei, kann sehr bequem sein Taxi rufen, und telefonieren kann man auch noch
damit. Und ja, ich finde die Sprachsteuerung mit Siri eine wirklich gelungene Sache, das macht die Bedienung dieses multifunktionalen Geräts sehr viel einfacher.
Und natürlich kaufe ich im Internet ein. Gerade wenn man viel arbeitet, ist es einfach praktisch und man hat immer den Überblick, was die Objekte meiner Begierde woanders kosten.
Bin ich deshalb ein Digital Native? Hier bin ich unsicher, denn zum Lebensgefühl eines echten Digital Natives gehört doch irgendwie die technische Überlegenheit gegenüber seinen Eltern. Das ist in unserer Familie schwierig, schließlich habe ich einen Informatiker zum Vater, der die Entwicklung der letzten 30 Jahre nicht nur hautnah miterlebt, sondern auch mit gestaltet hat. Ich brauche also nicht, wie viele meiner Freundinnen und Freunde, als „Internet-Nachhilfelehrer“ für Vater, Mutter, Onkel und Tante zu arbeiten. Ich gebe sogar gern zu, dass ich häufig seine Hilfe in Anspruch nehme, zum Beispiel um meinen neuen Laptop oder Router einzurichten.
Eines allerdings lasse ich ihn nicht mehr machen: die Einstellungen zur Sicherheit. Hier offenbart
sich inzwischen ein kleiner Generationenkonflikt. Ich will den mal anhand des PC meines Vaters beschreiben. Wenn meine Schwester oder ich zu Besuch bei meinen Eltern sind, nutzen wir den natürlich auch. Da hängt schon seit geraumer Zeit ein gelber Post-it-Zettel dran: „Liebe Mädels, bitte nach Benutzung bei Facebook, E-Mail etc. ausloggen.“ Ja, da hat er zwar grundsätzlich recht, aber große Bedenken haben ich auch nicht, wenn ich mal nicht daran denke. Schließlich vertraue ich meinem Vater, dass er nicht in meinen Mails herumstöbert. Richtig nervig sind allerdings die
Einstellungen seines Browsers. Keine Seite kann man mehr aufrufen, ohne dass irgendeine Warnung vor Scripts oder Cookies aufpoppt. Viele Internet-Seiten funktionieren nicht mehr, weil ein Script-Blocker die Links blockiert. Wenn ich ein PDF ansehen will, kommt erst mal eine kryptische Warnung, die ohnehin kein Mensch verstehen kann, was soll ich damit anfangen? Natürlich vertraue ich dem Versender, sonst hätte ich doch die Seite erst gar nicht aufgerufen.
Informationstechnik muss für mich effizient und benutzerfreundlich sein.Dazu gehört nach meinem Verständnis ganz sicher nicht, ständig irgendwelche unverständlichen Sicherheitsfragen zu beantworten!
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich weiß, was ich tue, wenn ich im Internet bin. Natürlich weiß ich, dass Google, Facebook & Co. meine Daten sammeln und dass meine Daten einen großen Wert für diese Unternehmen darstellen. Aber ich bin eher amüsiert, wenn GoogleMail auf das Stichwort „hangover“ reagiert und mir den Pizza-Service offeriert. Das ist zwar gefühlt eine eklatante Verletzung des Briefgeheimnisses, aber das muss man eben wissen, wenn man im Internet unterwegs ist, und sich entsprechend verhalten.
Ich laufe doch auch im richtigen Leben nicht verschleiert herum, sondern nenne freimütig meinen Namen, wenn ich mit irgendwem kommuniziere. Warum sollte ich mich im Internet anders verhalten?
Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nie geben, auch nicht im Netz. Deshalb sind die Bedenken meines Vaters im Hinblick auf die Cloud für mich kaum nachvollziehbar. Ich finde den Cloud-Dienst sehr praktisch. Damit habe ich endlich von allen meinen Geräten Zugriff auf meine Daten. Ich habe da nur einen vollständig anderen Kritikpunkt: So ein Dienst müsste auch für Nicht-Techniker einfacher einzurichten sein. Muss ich mir kummervolle Gedanken machen, weil Apple meine Siri-Sprachsteuerung auswerten könnte? Dann bekomme ich eben ein paar Werbemails mehr und im schlimmsten Fall weiß Apple, welche SMS ich versendet habe. Das weiß Vodafone schließlich auch.
Natürlich kenne ich die Risiken sozialer Netzwerke, weiß einiges über Cyber-Kriminalität. In einer Welt, die mehr und mehr „data-driven“ ist, glaube ich auch, dass Daten eines der wichtigsten Güter meiner und zukünftiger Generationen sein werden. Deshalb erwarte ich hier noch heftige Konflikte. Aus Erfahrung wissen wir, dass Konflikte über wichtige Rohstoffe in Politik und Wirtschaft nicht ausbleiben, warum sollte es also bei diesem wertvollen Gut anders sein?
Aber die Vorteile von Facebook & Co. wiegen mehr, jedenfalls für mich persönlich. Übervorsichtige Regulierungen, die den Fortschritt aufhalten oder gar zurückdrehen würden, lehne ich daher ab. Schließlich habe ich auch nichts zu verbergen. Also – was soll ich mich aufregen! Für mich ist es unerheblich, was in einer Cloud über mein Nutzerverhalten abzulesen ist. Oder nehmen wir Location-based Marketing. Das ist ein Megatrend. Bislang gebe ich meine Positionsdaten nicht frei, noch nicht. Wenn alle meine Freunde das machen würden und es mir nutzen würde, könnte die Sache jedoch anders aussehen.
Ich weiß jetzt schon, was mein Vater dazu sagen wird. Vielleicht ist die Einstellung zur Sicherheit doch eine Frage des Alters, eben ein Generationenproblem. Hoffentlich wird das Internet nicht allein durch diese Generation reguliert, eine digitale Gerontokratie wäre das Letzte.