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Digitalisierung im Gesundheitswesen

15. Oktober 2018

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Foto: PR Image Factory | Shutterstock

Zielgerichtete Arbeit an E-Health und der dafür notwendigen Gesetzgebung in China.

Von Chenchao Liu

Laura Nelson Carney, erfahrene Asia-Pacific-Healthcare-Analystin bei Bernstein Research, bringt es auf den Punkt: „Es ist fair zu sagen, dass die chinesischen Technologieunternehmen im Gegensatz zu den USA sich im Gesundheitsbereich engagieren und aktiv im Gesundheitswesen tätig sind. In den Vereinigten Staaten machen das dagegen nur einige und andere nicht.“

Das Gesundheitswesen im Reich der Mitte erlebt gerade eine epochale Zäsur durch die enorme Geschwindigkeit der Digitalisierung und Novellierung zahlreicher Gesetzgebungen und Verordnungen.

China muss diversen Herausforderungen trotzen. In China sind die Krankenhäuser überlastet, und die Arbeitsbelastung der Ärzte ist außergewöhnlich hoch. Es gibt nur etwa 1,5 Ärzte pro 1.000 Personen. Die chinesische Regierung hat als Ziel gesetzt, dass das Land die führende Position in K.I. bis 2030 (13th Five Year Plan of PRC) erreichen soll. Daher fördert die Regierung den entsprechenden technologischen Schub.

Große Internet-Giganten wie Alibaba und Tencent haben die Gesundheitsfürsorge schon vor Jahren zu einem wichtigen Teil ihrer strategischen Agenda gemacht. Dienstleistungen wie medizinische Online-Beratung und Drogenverfolgungssysteme wurden bereits getestet. Diese beiden Technologie-Titanen dominieren die chinesischen E-Commerce-Sektoren. Ihre jüngsten Fortschritte ermöglichen es den Ärzten, effizient mithilfe von Diagnosewerkzeugen zu arbeiten.

Konsultation online

Alibaba hat bereits 2014 den zukünftigen Krankenhausplan vorgestellt, der die Arbeit der Ärzte effizienter machen soll. Im Wesentlichen ermöglicht er es den Ärzten, Patienten online zu konsultieren und dafür zu sorgen, dass die Patienten Medikamente online bestellen können. Dabei wird darauf geachtet, nicht nur den Schutz der Privatsphäre von Patienten zu verbessern und zu regulieren. Das gilt auch für den Verkauf von rezeptfreien Medikamenten. Daher wurde der Verkauf von OTC-Medikamenten auf Alibabas E-Commerce-Website von chinesischen Aufsichtsbehörden ausgesetzt.

Insgesamt beschäftigen sich mehr als 130 chinesische Unternehmen mit K.I. im Gesundheitswesen. So jedenfalls verdeutlichen es Zahlen des Pekinger Beratungsunternehmens Yiou Intelligence. Unter ihnen sind nicht nur Marktführer wie Alibaba und Tencent, sondern auch eine Reihe von Start-ups.

Die Firma Yitu arbeitet an der Entwicklung von Software, welche die Identifizierung von frühen Stadien von Lungenkrebs automatisiert. Die Firma beschäftigt sich mit komplexen Herausforderungen bei der Bilderkennung, wie Krebs-Scans. Diese Software würde nicht nur die Arbeitsbelastung überarbeiteter Ärzte verringern. Sie würde gleichzeitig auch den Zugang zu medizinischer Versorgung sicherstellen.

Smog Shanghai

Foto: Hung Chung Chih | Shutterstock

Verbesserung

Laut Yitu-Gründer Chenxi Liu sind die medizinischen Ressourcen in China sehr knapp und ungleich verteilt. Deshalb sind derzeit noch die Spitzenressourcen in den Provinzhauptstädten konzentriert. Mit diesem System wird, wenn es in Krankenhäusern in ländlichen Gegenden verwendet werden kann, die medizinische Versorgung deutlich verbessert werden.

Auch in China haben der Schutz persönlicher Daten, die Rechte an geistigem Eigentum und der globale Fluss von Menschen und Internet-Technologien die ambivalente Entwicklung von E-Health, die aktuellen nationalen Gesetze und Vorschriften sowie regulatorische Systeme infrage gestellt.

Die gegenwärtige Situation in China führt erstmals das Konzept der „persönlichen biometrischen Information“ in die Gesetzgebung ein. Im Juni 2015 verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses dazu das „Netzsicherheitsgesetz der Volksrepublik China (Entwurf)“. Das Konzept der persönlichen biometrischen Informationen wurde zuerst in die Definition der persönlichen Informationen aufgenommen. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber begonnen hat, auf die Merkmale der medizinischen und Gesundheitsinformationen zu achten. Durch die entsprechende Gesetzgebung sollen allmählich die persönliche Informationserfassung, -nutzung und -speicherung von E-Health geregelt werden.

Die Gesundheitsinformationen der Bürger dürfen nicht auf Servern im Ausland gespeichert werden. Man darf ausländische Server auch nicht beauftragen oder ausleihen. Grundsätzlich scheint die Entwicklung von E-Health gemeinsames Ziel der ganzen Welt zu sein, um durch die Digitalisierung das Gesundheitsmanagement und die medizinische Betreuung insgesamt zu verbessern. Aber auch in China sieht man es in den nächsten Jahren als einen Mittelpunkt der Arbeit an, persönliche und die nationale Informationssicherheit zu verbessern. Nur dann lässt sich ein ausgewogenes Gleichgewicht bei der Aufgabe E-Health erreichen.

Bürgerrechte

Laut dem US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Grand View Research (2016) wird der globale E-Health-Markt bis 2022 voraussichtlich 308 Milliarden US-Dollar erreichen. Da mehr und mehr Unternehmen E-Health als ihr Hauptgeschäft ansehen, ist Hightech-Technologie in den Fokus von E-Health geraten. Deshalb treten auch immer häufiger Fragen im Zusammenhang mit dem Recht an geistigem Eigentum auf.

Ob die Rechte des geistigen Eigentums in den Geltungsbereich des Zivil- und Handelsrechts fallen, war in der akademischen Gemeinschaft schon immer ein Thema. Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass das Recht des geistigen Eigentums ein wichtiger Teil des Zivilrechts ist, während andere der Meinung sind, dass das Recht auf geistiges Eigentum bestimmten Beschränkungen unterliegt. Mit dem Aufkommen dieser Art von Fragen haben solche Diskussionen mehr und mehr Bedeutung erlangt, insbesondere die Forschung zu Bürgerrechten und geistigem Eigentum an „gesundheitsmedizinischen Daten“, die an der rapiden Entwicklung von E-Health beteiligt sind. Ein solcher Vorgang ist auch verstärkt in China zu beobachten.

Die drei relevanten grundlegenden Elemente von E-Health sind intelligente Hardware, Software und Daten im Gesundheitswesen. Auf dieser Basis ist man jetzt dabei, ein Netzwerk aufzubauen, das Patienten, medizinische Einrichtungen, Regierungsbehörden, Einrichtungen des Gesundheitswesens und des Gesundheitsmanagements verlinkt. Dieser Link umfasst als Kernelemente persönliche Informationen eines Individuums. Dazu zählen Aspekte wie persönliche elektronische Patientenakten, elektronische Gesundheitsakten, Rezepte, Drogenkonsum, allgemeine Berichte, Labor- und Inspektionsberichte oder auch Sport- und medizinische Verbrauchsgewohnheiten.

China Gesundheitswesen

Foto: XiXinXing | Shutterstock

Fragenbündel

Der Umgang mit den nach dem Datenschutz (in China wird es Gesundheitsdaten genannt) entstandenen Daten, deren Eigentums- und Nutzungsrechte sind ein nachhaltig diskutiertes Thema. An dieser Stelle soll jedoch nicht das Thema des Schutzes personenbezogener Informationen und der nationalen Informationssicherheit behandelt werden. Hier geht es vielmehr um die Bürgerrechte bezüglich der verarbeiteten Daten und die damit verbundenen Fragen des geistigen Eigentums.

Nach dem Zivilrechtssystem umfasst der Besitz an Eigentum vier Aspekte: Besitz, Nutzungsrechte, Einkommensrechte und Verfügungsrechte. Eine Reihe von wichtigen Fragen beherrschen dabei die Diskussionen:

  • Wem gehören die Gesundheitsdaten – dem Land, Krankenhäusern, Praxen, einem autorisierten Inkassobüro, einer Informationsverarbeitungsagentur?
  • Wem gehört das geistige Eigentum, das Gesundheitsdaten bildet?
  • Welche Art von geistigem Eigentum ist geistiges Eigentum an den Daten? Passt es zu den allgemeinen Urheberrechten? (Lou 2016)

Derzeit werden Anwendungen von E-Health-Technologien häufig durch Verarbeitung der Daten in den ursprünglichen Datenbankänderungen durchgeführt. Dazu gehört es auch, einige Inhalte zu entfernen, einige zu ändern und andere hinzuzufügen. Die Daten werden also vielseitig bearbeitet und generalisiert, haben aber immer noch individuelle Merkmale.

Diese individualisierten Merkmale sind nicht länger die Originaldaten, aber es müssen einige Richtungsidentifikationsmerkmale in den Datenmerkmalen vorhanden sein, um bei Bedarf zu den Originaldaten zurückkehren zu können. Gerade deshalb ist der Begriff des Urheberrechts im herkömmlichen, traditionellen Sinn nicht eins zu eins direkt im E-Health-Bereich anzuwenden.

Aufgrund der genannten Probleme ist es schwierig, binnen kurzer Zeit einen umfassenden Konsens zu bilden. Dies wird insbesondere länderübergreifend schwierig, da diverse demografische Faktoren und ein je andersartiger Entwicklungsstand der Technologien für unterschiedliche Positionen sorgen. Deshalb dient der Fortschritt bei der Konkretisierung der Gesetzgebung im Bereich E-Health auch dem verstärkten Wunsch nach einer besseren Harmonisierung der internationalen Regeln und stellt gleichzeitig ein Zeichen der Zukunftsfähigkeit einer Nation in der Digitalisierung dar.

Die gesundheitsbezogenen Daten sind persönliche und sensitive Informationen eines Individuums, zu deren Schutz der Staat samt allen Institutionen verpflichtet ist. Diese persönlichen Daten sollten ausschließlich dazu dienen, Menschen die Vorzüge und Funktionalitäten von E-Health mithilfe dieser Daten uneingeschränkt zur Verfügung zu stellen.

China hat mit der Initiative Healthy China 2030 ambitionierte Ziele für die 1,4 Milliarden Menschen gesetzt. Es bleibt offen, wie stringent und nachhaltig die Maßnahmen und Reformen eine dauerhafte Verbesserung der nationalen Gesundheitsversorgung herbeiführen werden. Digitalisierung wird dabei eine unerlässliche Rolle spielen, wobei es mit Spannung zu beobachten ist, ob China nicht nur technologisch, sondern auch datenschutzrechtlich ein Vorreiter sein kann.

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Der Autor

Chenchao Liu

Chenchao Liu

Foto: Claudius Hauptmann

ist in China geboren, lebt seit 2002 in Deutschland. Er ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Silreal in München und der K.I.-gesteuerten Investitionsplattform DH Bioinvest Ltd. in Hongkong, die innovative Gesundheitsunternehmen mit chinesischen Investoren verbindet. Er berät bei Projekten und Verhandlungen mit strategischen Partnern und regulatorischen Organen.

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