9.2 Was müssen Kinder können, um an der digitalisierten Welt teilhaben zu können?

Wenn Eltern an die Fähigkeiten denken, die sie für einen kompetenten Umgang ihrer Kinder mit dem Internet als zentral erachten, denken sie vor allem an die Vermeidung von Gefahren, die sie für ihre Kinder sehen. Für Eltern 3- bis 8-jähriger Kinder sind die Fähigkeiten, nicht kindgerechten Inhalten ausweichen zu können (62 Prozent) und die eigene Privatsphäre gut schützen zu können (60 Prozent), die zwei mit Abstand wichtigsten Kompetenzen, die Kindern vermittelt werden müssen, damit sie an der digitalisierten Welt teilhaben können. Ebenfalls für mehr als ein Drittel der Eltern zählt die Fähigkeit, die Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen einordnen sowie die Konsequenzen des eigenen Handelns abschätzen zu können, zu den wichtigsten Kompetenzen. Hauptkriterium bei der Bewertung, wie wichtig eine Kompetenz für ihr Kind ist, sind für die Eltern folglich die empfundenen Gefahren des Internets. Weitere Kompetenzen, die beispielsweise für ein erfolgreiches Berufsleben wichtig sein können, wie sich mit anderen über das Internet vernetzen zu können (14 Prozent) oder die eigene Person im Internet gut darstellen zu können (20 Prozent), erachten Eltern 3- bis 8-jähriger Kinder als deutlich weniger relevant.

Ein Blick auf die DIVSI Internet-Milieus zeigt, dass insbesondere die Eltern aus dem Milieu der Unbekümmerten Hedonisten den für die Mehrheit der Eltern zentralen Internetkompetenzen deutlich weniger Bedeutung beimessen als die Eltern aus den anderen Internet-Milieus. Wie die Darstellung der Risikowahrnehmung in Kapitel 8 deutlich gemacht hat, erweisen sich die Unbekümmerten Hedonisten als wenig sensibilisiert für mögliche Gefahren, denen Kinder im Netz ausgesetzt sein könnten. Eltern aus dem Milieu der Ordnungsfordernden Internet-Laien, die durch eine erhöhte Gefahrenwahrnehmung und großes Sicherheitsbestreben einen Gegenpol zu den Unbekümmerten Hedonisten einnehmen, halten die genannten Kompetenzen für weitaus wichtiger als die Eltern aus den anderen Internet-Milieus.

Top 3 Kompetenzen die aus Elternsicht für Kinder wichtig sind

Eltern halten sich hinsichtlich der aus ihrer Sicht notwendigen Kompetenzen für Kinder nur für mäßig kompetent

Fragt man Eltern 3- bis 8-jähriger Kinder, inwiefern sie selbst die aus ihrer Sicht für Kinder wichtigen Fähigkeiten beherrschen, werden gewisse Defizite deutlich. Bei den oben genannten zwei für Kinder am wichtigsten erachteten Fähigkeiten (nicht kindgerechten Inhalten ausweichen und die eigene Privatsphäre schützen zu können) schätzen nur 47 Prozent bzw. 40 Prozent der Eltern die eigenen Kompetenzen als sehr gut ein. Lediglich wenn es darum geht, Informationen im Internet recherchieren zu können, hält sich über die Hälfte der Mütter und Väter für sehr kompetent.

Bildungsunterschiede bzgl. der für Kinder relevanten subjektiven Internetkompetenzen

Die Einschätzung der eigenen Internetkompetenzen weist bei den Eltern erhebliche Unterschiede entlang ihrer Bildungsgrade auf: Bei allen abgefragten, für Kinder relevanten Kompetenzen bewerten sich die formal hoch Gebildeten am besten und die formal niedrig Gebildeten am schlechtesten. Im Vergleich zu mittel und hoch Gebildeten sind die niedrig Gebildeten insbesondere bei den Fähigkeiten, Informationen zu recherchieren oder die eigene Privatsphäre gut schützen zu können, deutlich abgeschlagen. Auch im Hinblick auf ein kompetentes Agieren und Auftreten im Kontext der digitalisierten Dienstleistungsgesellschaft zeigen sich Unterschiede entlang der Bildungsgrade der Eltern: Bei der Fähigkeit, sich im Netz angemessen darstellen zu können, aber auch bei der kreativen Betätigung im und mithilfe des Internets und der Gestaltung eigener Inhalte sind formal hoch Gebildete deutlich selbstbewusster in ihrer Kompetenzeinschätzung als mittel und niedrig Gebildete.

Wenn Eltern sich selbst für mäßig kompetent hinsichtlich wichtiger Fähigkeiten für Kinder halten, kann davon ausgegangen werden, dass sie eben diese zentralen Kompetenzen nur eingeschränkt an ihre Kinder weitergeben können. Dementsprechend verweisen die deutlichen Unterschiede bzgl. der subjektiven Internetkompetenz auf unterschiedliche Startvoraussetzungen von Kindern entlang der formalen Bildungsgrade ihrer Eltern. Diese können als digitale Ungleichheit beschrieben werden, welche sich offenkundig schon im frühen Kindesalter anbahnt und sich im Jugend- und Erwachsenenalter weiter verfestigen könnte.

Internetkenntnisse Selbsteinschätzung der Eltern

Die DIVSI Internet-Milieus liefern ein noch weiter differenziertes Bild hinsichtlich der selbst zugeschriebenen Internetkompetenz der Eltern. Die Digital Souveränen und Effizienzorientierten Performer empfinden sich am häufigsten als sehr kompetent, wenn es um Wissen und Fertigkeiten im Zusammenhang mit dem Internet geht. Im „digitalen Abseits“ stehen hingegen die Internetfernen Verunsicherten, die sich bei fast keiner Fähigkeit als sehr kompetent bezeichnen.

Internetkenntnisse Selbsteinschätzung der Eltern nach Milieus