4.2 Die zentralen Treiber: Was digitale Teilhabe fördert

Kommunikation und Unterhaltung sind wichtiger als Gesundheits-Checks

Die Gründe für die Internetnutzung der Ü60er sind vielfältig: Für vier von fünf Personen sind die Möglichkeiten relevant, im Internet nach Informationen zu suchen (79 Prozent) sowie Zugang zu günstigen Dienstleitungen und Angeboten zu haben (76 Prozent). Die Tatsache, dass zwar die Informationssuche online, etwa zur Vorbereitung auf einen Einkauf, wichtig ist, Online-Shopping aber weniger zum Einsatz kommt, deutet darauf hin, dass insbesondere ältere Menschen Online- und Offline-Kanäle beim Einkauf miteinander verbinden, häufig bezeichnet als sogenannter ROPO-Stil (research online, purchase offline).

Die Erleichterung des privaten Alltags spielt ebenso eine große Rolle (75 Prozent) wie die Möglichkeit, vieles schnell erledigen zu können (71 Prozent). Für rund zwei Drittel der über 60-Jährigen sind auch die Kommunikations- und Unterhaltungsmöglichkeiten, die das Internet ihnen bietet, von Bedeutung. Mit der Zunahme der über 60-jährigen Smartphone-Besitzer ist aber auch das Kommunizieren über Messaging-Dienste wie WhatsApp oder Skype von steigender Bedeutung (44 Prozent) – vor allem wenn es darum geht, Kontakt mit Bekannten oder Familienmitgliedern zu halten, die nicht in der Nähe wohnen. Auch in dieser Altersgruppe sind Online-Dienste mittlerweile eine zentrale Infrastruktur, um mit anderen Menschen in Verbindung bleiben zu können. Die Kommunikation mit bekannten Bezugspersonen ist dabei wesentlich wichtiger („Mit Freunden und Bekannten in Kontakt bleiben können“: 64 Prozent Zustimmung) als das Kommunizieren im öffentlichen Raum, beispielsweise um neue Personen kennenzulernen (31 Prozent) oder sich Interessengruppen wie Vereinen oder Initiativen anzuschließen (36 Prozent).

Die Möglichkeiten zur Überwachung des eigenen Gesundheitszustandes sowie zur Fernsteuerung und Vernetzung von Haushaltsgeräten über das Internet werden nur von wenigen als persönlich relevant eingestuft (13 bzw. 12 Prozent). Dies ist insofern interessant, als vor allem diese beiden Bereiche in der werbetreibenden Industrie zuweilen als zentrale Märkte für „Senioren“ gesehen werden.

Persönliche Relevanz verschiedener Aspekte des Internets

Persönliche Relevanz verschiedener Aspekte des Internets

„Bei uns ist gerade das ganze Laub runtergefallen, und mein Mann stand gestern in so einem riesigen Haufen Laub auf dem Parkplatz. Das hatte ich dann mal nach [Ort] zu meiner Freundin geschickt. Manchmal kommt von ihr ein schöner Teller, wenn sie schön essen sind, oder ein Tier. Was einem gerade so gefällt, ach, das könnte dem anderen ja auch gefallen. Irgendwelche Grüße, schönes Wochenende, gute Besserung. Da kann man ja auch tausend tolle Bildchen finden oder Sprüche, die man weiterschicken kann, einfach so.“ (62 Jahre, weiblich)

„WhatsApp nutze ich natürlich, ist ja klar. Ist eigentlich die meistbenutzte App. Gerade im Urlaub ist es ganz nett. Dann schickt man mal ein Bild vom Urlaubsort, das ist natürlich sehr praktisch. Gerade aus den USA, das war natürlich super.“ (66 Jahre, männlich)

„Das Internet ist für uns wie eine Art Duden, z.B. Wikipedia. Man kommt vom Arzt oder bekommt Tabletten, und auf dem Beipackzettel stehen irgendwelche Fachbegriffe drauf. Tippt man mal schnell ein über Google, bekommt man eine lange Erklärung. Viel mehr Informationen, als man beim Arzt erhält. Ein Nachschlagewerk ist für uns wichtig.“ (72 Jahre, männlich)

Mobiles Internet gewinnt an Relevanz – auch wenn die stationäre Nutzung noch überwiegt

Bei den über 60-Jährigen dominiert aktuell noch die stationäre Internetnutzung: 38 Prozent gehen mit dem Desktop-PC online, 27 Prozent mit einem Laptop/Notebook und 18 Prozent mit einem Smartphone. In der Gesamtbevölkerung bietet mittlerweile das Smartphone der überwiegenden Mehrheit den Weg ins Netz – 62 Prozent gehen auf diese Weise online, gefolgt von 58 Prozent via Desktop-PC und 57 Prozent via Laptop/Notebook.

Die weiterhin große Alltagsrelevanz des stationären PCs zeigt sich auch im bevorzugten Modus der Internetnutzung: Typisch für viele Onliner unter den Ü60-Jährigen sind „Internet-Inseln“. Damit sind Orte im Haus oder in der Wohnung gemeint, die fest für den „Internetbesuch“ bestimmt sind. In der Regel ist das ein Schreibtisch in einem Arbeitszimmer oder einer Arbeitsecke, mit fest installiertem PC. Online zu sein, ist keine Situationsbeschreibung oder etwas, das nebenbei läuft; es ist eine Aktivität, der man gerne die volle Aufmerksamkeit widmet oder widmen muss.

Internet-Inseln“ der Ü60er

„Internet-Inseln“ der Ü60er – „Meinen Laptop nutze ich eher statisch. Der wohnt da.“

Auch das digitale Inventar wird bei den über 60-Jährigen aktuell noch klar vom stationären PC dominiert (41 Prozent), während in der Gesamtbevölkerung das Smartphone mittlerweile die Liste der wichtigsten digitalen Geräte anführt (68 Prozent der Menschen in Deutschland besitzen eines1) ).

Allerdings zeigt sich bei den über 60-Jährigen eine deutliche Dynamik hinsichtlich mobiler Internetnutzung: Bei ihnen ist das Smartphone insbesondere als Eintrittsvehikel ins Internet von großer Bedeutung. Knapp jeder Vierte besitzt mittlerweile eines; das ist das Sechsfache des Anteils von vor vier Jahren und damit eine deutlich höhere Steigerungsrate als in der Gesamtbevölkerung (dort Steigerung um Faktor 4,25). Auch Laptops und Tablets haben in den letzten vier Jahren immer größeren Anklang bei den Älteren gefunden. Hier fallen die Zuwachsraten allerdings nur in etwa gleich (Laptops) oder deutlich schwächer (Tablets) als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung aus.

Gerätebesitz im Zeitvergleich

Berufstätigkeit als Treiber – fast alle wurden bereits im erwerbsfähigen Alter zum Onliner

51 Prozent der Erwerbstätigen über 60 Jahre sind täglich online, aber nur 15 Prozent der Rentner. Dies zeigt, dass die Teilnahme am Erwerbsleben durchaus im Zusammenhang mit der Teilhabe an der digitalen Welt zu sehen ist. Beim genaueren Blick in die Daten wird deutlich, dass nur bei rund einem Viertel der Befragten der Erstkontakt mit dem Internet erst im „Rentenalter“ (d.h. nach Vollendung des 65. Lebensjahres) stattfand.

Die Bedeutung der Lebensphase: Erwerbstätigkeit als Treiber

Auch in den persönlichen Einzelgesprächen wurde der Einfluss des Berufsalltags auf die eigene Internetnutzung immer wieder betont. Viele der älteren erwerbstätigen Menschen in Deutschland haben die Digitalisierung von Prozessen im eigenen Unternehmen miterlebt und mussten sich daher zumindest rudimentäre Internetkompetenzen aneignen. In manchen Fällen hat die berufliche Nutzung die private überhaupt erst initiiert.

„Ich benutze E-Mails zwar mittlerweile auch privat, aber der überwiegende Teil ist schon im Beruflichen zu suchen.“ (62 Jahre, weiblich)

  1. Vgl. DIVSI (2016 []