6.3 Verantwortungsbedachte Etablierte (18%)

Verantwortungsbedachte Etablierte

Verantwortungsbedachte Etablierte sind im Milieuvergleich zwar keine Intensiv-Nutzer, aber durchaus viel im Internet unterwegs. Dabei beschränken sie sich vor allem auf „seriöse“ Aktivitäten. „Verantwortungsbedacht“ sind sie dahingehend, als dass sie beim Thema Sicherheit im Internet die Nutzer wie den Staat vergleichsweise stark in die Verantwortung nehmen, ohne sich dabei aber übermäßig für eine staatliche Internet-Regulierung starkzumachen. Nicht zuletzt, weil sie sich für die Gefahren im Internet gut gewappnet sehen, blicken sie optimistisch in die digitale Zukunft. Die digitale Teilhabe heute und in Zukunft steht für sie außer Frage – auch weil dies für sie die Zugehörigkeit zu einer sozialen und Bildungselite markiert.

Soziodemografisches Profil

Die Verantwortungsbedachten Etablierten sind das zweitgrößte DIVSI Internet-Milieu Ü60 (18 Prozent), allerdings mit deutlichem Abstand zu den Internetfernen Verunsicherten (47 Prozent). Es gibt keinen Geschlechterschwerpunkt. Im Vergleich zum Durchschnitt der über 60-Jährigen sind die Angehörigen dieses Segments aber deutlich jünger (58 Prozent sind zwischen 60 und 69 Jahre alt versus Durchschnitt Ü60: 27 Prozent) und etwas höher gebildet. Durch das vergleichsweise junge Durchschnittsalter ist im Milieuvergleich auch ein größerer Anteil noch berufstätig und hat dadurch ein überdurchschnittliches Einkommen.

Ihre Grundeinstellung zum Leben und zur Gesellschaft wird von bürgerlich-liberalen, leistungs- und sicherheitsorientierten Wertvorstellungen dominiert. Sie plädieren für eine ausgewogene Balance zwischen Fortschritt und Entschleunigung.

„Die Möglichkeiten, sich zu informieren und sich möglicherweise auch am gesellschaftlichen Kommunikationsprozess mit zu beteiligen, die schätze ich schon.“ (75 Jahre, männlich)

„Prinzipiell habe ich aber das Gefühl, dass es sehr viele Angebote gibt und dass ich gar nicht genug Zeit habe, das alles zu nutzen. Es gibt eine totale Informationsflut.“ (63 Jahre, männlich)

Die Rolle des Internets in der Lebenswelt der Verantwortungsbedachten Etablierten

Unter den Verantwortungsbedachten Etablierten findet sich nur ein Bruchteil an Offlinern und Minimalnutzern des Internets. Die breite Mehrheit (83 Prozent) geht mindestens mehrmals pro Woche ins Internet, damit liegen sie deutlich über dem Durchschnitt (44 Prozent). Sie besitzen auch alle alltagsüblichen digitalen Geräte deutlich häufiger als der Durchschnitt der über 60-Jährigen.

Nutzungshäufigkeit, Gerätebesitz und subjektive Internetkompetenz

Diese große Internet-Affinität drückt sich auch auf der Einstellungsebene aus: Ein jeweils weit überdurchschnittlicher Teil (74 Prozent) dieses Milieus hält das Internet für eine der besten Erfindungen in der Geschichte (Durchschnitt Ü60: 44 Prozent), 71 Prozent möchten an den Entwicklungen im Internet teilhaben (Durchschnitt Ü60: 38 Prozent), und 54 Prozent können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen (Durchschnitt Ü60: 29 Prozent).

Zu den Hauptbeschäftigungen im Netz zählen neben dem Senden und Empfangen von E-Mails die Informationssuche und das Lesen von Online-Nachrichten. Soziale Netzwerke sind deutlich weniger relevant, zumindest wenn es um privates Chatten und Posten geht. In den qualitativen Interviews war den Verantwortungsbedachten Etablierten eine Abgrenzung zu beruflichen Netzwerken aber wichtig.

„XING nutze ich, weil ich dort auf Business-Kollegen treffe. Das ist aber ein ganz anderes Thema als Facebook. XING gehört zwar auch zu den Sozialen Netzwerken, aber eigentlich ist es ein Personaler-Netzwerk.“ (63 Jahre, männlich)

Einstellungen zum Internet

Trotz ihrer Teilhabe an der digitalen Welt attestieren sich die Verantwortungsbedachten Etablierten keine merklich bessere Internetkompetenz als der Durchschnitt der über 60-Jährigen. Das ist umso überraschender, als der größte Teil dieser Gruppe zu den Jüngeren der über 60-Jährigen zählt und auch höher gebildet ist als der Schnitt. Diese zurückhaltende Selbsteinschätzung liegt vermutlich darin begründet, dass sie einen höheren Anspruch haben, weil sie im sozial gut situierten Bekanntenkreis von Personen umgeben sind, die noch souveräner und selbstbewusster mit dem Internet umgehen als sie selbst.

Vertrauen, Sicherheit und Verantwortung

Für die Verantwortungsbedachten Etablierten ist die Sicherheit im Internet ein wichtiges Thema. Sie betonen allerdings deutlich stärker als der Durchschnitt, sich auch in der Lage zu sehen, mit Sicherheitsrisiken umzugehen (58 Prozent versus Durchschnitt Ü60: 31 Prozent). Den Verantwortungsbedachten Etablierten ist es typischerweise ein Anliegen, dass sich nicht nur der Staat, sondern auch die Internetnutzer selbst um die eigene Sicherheit im Netz kümmern. Sie möchten im Gegensatz zum Durchschnitt der über 60-Jährigen mehrheitlich nicht, dass der Staat das Internet reglementiert (60 Prozent versus Durchschnitt Ü60: 40 Prozent). Tendenziell vertreten sie in diesem Zusammenhang auch die Ansicht, dass die Freiheit im Internet keine Gefährdung der demokratischen Ordnung darstellt.

„Die Chancen sind, dass es ein Demokratisierungsinstrument ist auf politischer Ebene. Dass die Menschen sich ohne Zensur einander mitteilen können und dass sie sich auch versammeln und organisieren können.“ (63 Jahre, männlich)

Einstellungen zum Internet

Der Blick in die digitalisierte Zukunft

Während die über 60-Jährigen insgesamt die fortschreitende Digitalisierung mehrheitlich mit Unbehagen verfolgen – 59 Prozent sagen, dass es sie beängstigt, wenn vieles in Zukunft nur noch online erledigt werden kann –, trifft dies bei den Verantwortungsbedachten Etablierten nur auf eine Minderheit zu (35 Prozent). Das Interesse an dem, was das Internet noch alles bringen mag, ist hier groß. Fast alle freuen sich daher auch, mehr über das Internet zu lernen (90 Prozent versus Durchschnitt Ü60: 52 Prozent).

Einstellungen zum Internet

Diese Gruppe ist auch dahingehend „verantwortungsbedacht“, als dass sie die Vermittlung von technologischer Kompetenz für eine Schlüsselressource für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft hält. Sie sprechen sich daher recht deutlich dafür aus, dass Kinder so früh wie möglich für den Umgang mit dem Internet fit gemacht werden sollten (64 Prozent versus Durchschnitt Ü60: 43 Prozent).

Wohnwelten der Verantwortungsbedachten Etablierten Ü60