4.3.6 Vorsichtige Skeptiker (12 Prozent)

Vorsichtige Skeptiker

„Ohne Internet zu sein, ist ja wie fasten. Das tut auch gut, mal auf etwas zu verzichten. Und dann sieht man erst, wie abhängig man vielleicht ist. Das wird einem dann erst bewusst, wie oft man online ist, und was man da alles tut.“ (weiblich, 34 Jahre)

Vorsichtige Skeptiker sind zurückhaltende Nutzer. Sie sind häufig überfordert und wenig souverän im Umgang mit dem Internet. Gefahren im Kontext Datensicherheit erscheinen ihnen groß und unüberschaubar. Besonders kritisch sehen sie den Umgang von Unternehmen mit persönlichen Daten. Im Milieu-Vergleich haben sie mit die stärksten Bedenken im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung.

Das Durchschnittsalter dieses Internet-Milieus liegt bei 49 Jahren, ein Fünftel ist aber auch bereits über 65 Jahre alt. Sie weisen ein mittleres formales Bildungsniveau auf, mit einem im Durchschnitt geringeren Anteil formal niedrig Gebildeter und einem etwas über dem Mittel der Gesellschaft liegenden Einkommensniveau. Vorsichtigen Skeptikern sind ein umsichtiges Miteinander in der Gesellschaft und ein nachhaltiger Lebensstil wichtig. Ihre Wertekonfiguration wird von konservativ-bürgerlichen Werten einerseits und postmateriellen Werten andererseits dominiert.

„Das Wichtigste sind die persönlichen Beziehungen, weil ohne die letzten Endes alles nichts ist. Und das Zweitwichtigste ist die Arbeit. Aber hinter der Arbeit stehen für mich eben auch bestimmte intellektuelle Interessen. Also mir war immer sehr daran gelegen, zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Das ist eben in einer Weise mein großes Lebensprojekt.“ (männlich, 57 Jahre)

„Mir ist wichtig, dass man mit der Umwelt, also sowohl mit der Natur als auch mit dem Menschen, fair und gerecht umgeht. Und dass keiner durch mein Handeln zu Schaden kommt oder irgendwelche Nachteile hat. Entsprechend versuche ich auch zu leben und einzukaufen etc.“ (weiblich, 34 Jahre)

Soziodemografisches Profil – Vorsichtige Skeptiker

Die Rolle des Internets in der Lebenswelt der Vorsichtigen Skeptiker

Vorsichtige Skeptiker haben sich an die alltagserleichternden Aspekte und die immer und überall verfügbare Informationsfülle „gewöhnt“. Die Aussage, dass sie ohne das Internet nicht leben könnten, trifft für die Hälfte von ihnen zu (gesamt: 60 Prozent). Sie sind aber wenig euphorisch und eher zurückhaltend, wenn es um die Adaption von digitalen Neuerungen geht. Nur 17 Prozent probieren neue Sachen im Netz immer sofort aus (gesamt: 30 Prozent). Ihr Wunsch, an dem teilzuhaben, was im Internet passiert, ist verglichen mit dem Durchschnitt weniger ausgeprägt.

Sie möchten vorhandene internetfähige Geräte so lange benutzen, wie sie funktionieren und sich nicht „aus einer Laune“ heraus oder weil es „gerade Mode“ ist, die nächste Geräte-Generation zulegen. Im Milieu-Vergleich sind sie weniger gut ausgestattet und besitzen seltener als der Durchschnitt Smartphones und Tablets.

„Ich habe in meinem Büro sogar noch einen alten Windows-98-Rechner. Der Hintergrund ist der, er funktioniert nach wie vor recht gut. Die Programme für das technische Zeichnen sind relativ teuer und ich verwende ein Programm, das ist noch von 1998 oder von 2000, das ist wunderbar.“ (männlich, 46 Jahre)

Sie sind zwar regelmäßig online, eine tägliche Nutzung kommt aber seltener vor als im Schnitt der Internet-Milieus. In diesem Internet-Milieu finden sich zudem 8 Prozent Offliner. Die Onliner unter ihnen trennen die private Nutzung strikter von der beruflichen als die Onliner der anderen Internet-Milieus und lesen während der Arbeitszeit seltener private Nachrichten.

Nutzungshäufigkeit, Gerätebesitz und subjektive Internetkompetenz

Die Vorsichtigen Skeptiker sind deutlich weniger aktiv im Internet als der Durchschnitt, insbesondere Online-Shopping und -Banking, aber auch Reisebuchungen oder das Lesen von Kommentaren und Rezensionen auf Webseiten betreiben sie vergleichsweise selten. In ihren Alltag integriert sind die niedrigschwelligen Basisanwendungen wie Nachschlagen und Suchen von Informationen, E-Mail-Verkehr und Lesen von Online-Nachrichten.

Die Bedeutungszunahme von Sozialen Netzwerken in der Gesellschaft sehen sie als kritische Entwicklung. Über Soziale Netzwerke neue Menschen kennenzulernen oder andere am eigenen Leben teilhaben zu lassen, liegt ihnen eher fern. Sich online „zur Schau zu stellen“ ist ihre Sache nicht. Auch dass Verabredungen und Organisatorisches unter Freunden heute vielfach „nur noch“ über WhatsApp stattfinden, stört Teile dieses Internet-Milieus massiv. Dennoch nutzen 42 Prozent der Onliner Messenger-Dienste wie WhatsApp (gesamt Onliner: 61 Prozent), weil sie sich letztlich dieser Entwicklung doch nicht völlig verschließen können beziehungsweise möchten.

„Also Facebook war mir schon immer ein Rätsel, warum da so ein Hype drum gemacht wird. Also ich muss jetzt nicht mein Leben ins Web stellen. Die Leute, die mir wichtig sind, denen kann ich Bilder auf dem Smartphone zeigen. Dieses Ins-Fernsehformat-Bringen seines Lebens finde ich absurd. Also das Leben besteht nicht aus Bildschirmen, es ist nicht digital. Ich glaube, die Leute verbringen da viel zu viel Zeit damit und vergessen dabei das wahre Leben. Also wenn ich mir überlege, was man da auch alles an Freunden angeblich hat, das ist doch Quantität und nicht Qualität.“ (männlich, 46 Jahre)

„Und WhatsApp ist tragischerweise wichtig geworden. Das hat sich einfach etabliert, da sind halt doch irgendwie alle. Ich krieg die Leute auch nicht davon weg. Ich würde da ja sofort rausgehen.“ (männlich, 43 Jahre)

Einstellungen zum Internet

Vertrauen, Sicherheit und Verantwortung

Vorsichtige Skeptiker sehen deutlich mehr konkrete Gefahren bei der Internetnutzung als der Durchschnitt der Internet-Milieus, insbesondere mit Blick auf „Datendiebstahl“ oder „Hackerangriffe“: 71 Prozent der Onliner befürchten, dass ihre Daten möglicherweise an Dritte weitergegeben werden (gesamt Onliner: 58 Prozent). Datensicherheit und Datenschutz stellen den herausragenden Unsicherheitsfaktor für sie dar. 73 Prozent sind der Meinung, dass ihre persönlichen Daten nicht sicher sind (gesamt Onliner: 53 Prozent). Im Milieu-Vergleich vermeiden sie es (nach den Verantwortungsbedachten Etablierten) am häufigsten, persönliche Daten im Internet zu hinterlassen. Die Sicherheitsbedenken der Vorsichtigen Skeptiker sind auch Ausdruck von Überforderung. 51 Prozent von ihnen fühlen sich den Gefahren im Netz hilflos ausgesetzt (gesamt: 39 Prozent). Sie glauben verglichen mit allen anderen Internet-Milieus am seltensten daran, dass es Datensicherheit im Internet überhaupt geben kann. 49 Prozent wären bereit, für den Schutz ihrer persönlichen Daten etwas zu bezahlen (gesamt: 42 Prozent).

Die Vorsichtigen Skeptiker blicken in Sachen Datenschutz besonders misstrauisch auf Wirtschaftsunternehmen und Dienstleister: Im Milieu-Vergleich sind sie am seltensten der Ansicht, dass große Unternehmen sorgfältig mit Daten umgehen und sehen es überdurchschnittlich häufig als Gefahr, dass Großkonzerne wie Google und Facebook Daten von Internetnutzern sammeln. 90 Prozent erwarten, dass Firmen und Anbieter sich mehr in Sachen Datenschutz engagieren (gesamt: 88 Prozent); etwas häufiger als der Durchschnitt verlangen sie, dass Unternehmen für entstandene Schäden haften (84 Prozent, gesamt: 79 Prozent). Neben Unternehmen nehmen sie auch den Staat in die Pflicht, sich für Sicherheit im Internet zu engagieren (75 Prozent, gesamt: 70 Prozent). Allerdings gehen nur 39 Prozent davon aus, dass man Internetangeboten von staatlichen Einrichtungen trauen kann (gesamt: 63 Prozent).

67 Prozent sehen die Verantwortung für den Schutz der eigenen Daten auch bei sich selbst (gesamt: 68 Prozent). Vorsichtige Skeptiker ergreifen gängige Sicherheitsmaßnahmen wie Virenschutzprogramme und gehen mit verdächtig erscheinenden E-Mails vorsichtig um. Häufiger als der Durchschnitt holen sie sich auch Hilfe bei Freunden und Bekannten.

Einstellungen zum Internet

Der Blick in die digitalisierte Zukunft

Knapp die Hälfte der Vorsichtigen Skeptiker sieht der fortschreitenden Digitalisierung mit Sorge beziehungsweise Unbehagen entgegen und hat Angst davor, dass vieles nur noch über das Internet erledigt werden kann (gesamt: 38 Prozent). Eine frühe Sozialisation mit digitalen Medien empfinden sie mehrheitlich als nicht empfehlenswert, 57 Prozent würden Kinder so lange wie möglich vom Internet fernhalten (gesamt: 45 Prozent).

Die Ökonomisierung und „Vermarktung“ der eigenen persönlichen Daten lehnen sie ab. Für 91 Prozent wäre es nicht in Ordnung, Daten im Netz für eine Gegenleistung weiterzugeben (gesamt: 80 Prozent). Vorsichtige Skeptiker empfinden den aktuellen Umgang der Unternehmen mit Nutzerdaten schon als kritisch und teilen eher nicht die Auffassung, dass der Umgang mit den eigenen Daten davon abhängig zu machen sei, ob man als Person (im Internet) etwas zu verbergen habe oder nicht.

„Die heutige Währung sind ja eigentlich deine persönlichen Daten. Aber das wissen halt viele nicht. Die sagen: „Ich nutze was kostenlos im Netz.“ Dann sage ich: „Nein, nutzt du nicht. Du bezahlst nur nicht mit Geld, du bezahlst mit deinen Daten. Eigentlich müsste uns Facebook bezahlen, weil das ist eine Werbefirma.“ (männlich, 43 Jahre)

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