4.2.7 Verunsicherte (3%)

Kurzbeschreibung

Kurzbeschreibung VerunsicherteÜberforderte und zurückhaltende junge Internet-Nutzer mit ausgeprägten, aber diffusen Sicherheitsbedenken und Analog-Affinität.

Unter den 14- bis 24-Jährigen gibt es auch eine Minderheit stark verunsicherter und zurückhaltender Internet-Nutzer. Die geringen Fallzahlen erlauben lediglich Tendenzen der demografischen Struktur dieser Gruppe zu benennen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass weibliche Jugendliche und junge Frauen einen etwas höheren Anteil ausmachen. Formal höher Gebildete sind hier unterrepräsentiert, aber mittlere Bildungsgrade häufig vertreten. Es handelt sich hier also nicht um ein U25-Internet-Milieu ausschließlich formal niedrig Gebildeter. Die 14- bis 17-Jährigen machen einen deutlich höheren Anteil aus als die 18- bis 24-Jährigen.

Der lebensweltliche Schwerpunkt dieses U25-Internet-Milieus liegt im prekären Lebenswelt-Segment und reicht bis in das materialistisch-hedonistisch geprägte Segment hinein. Häufig ist die geringe digitale Teilhabe dieser jungen Menschen nur ein Aspekt einer insgesamt geringen gesellschaftlichen Teilhabe, die sich auch in finanzieller, sozialer und kultureller Hinsicht allgemein niederschlägt. Diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben typischerweise die schwierigsten Vorausetzungen. In ihren Lebensumständen verschränken sich verschiedene Unsicherheitslagen, die sich so zum Teil gegenseitig verschärfen. Hier finden sich Jugendliche und junge Erwachsene mit geringer Perspektive auf einen erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt, gleichwohl dieser das für sie beherrschende Thema darstellt. Typisch ist der Wunsch, die momentane Lebenssituation verbessern zu können – es einmal besser zu haben als die eigenen Eltern. Wie der Weg des sozialen Aufstiegs bewältigt werden kann, bleibt dabei jedoch oft unklar.

Für die Verunsicherten ist die tägliche Internet-Nutzung nicht selbstverständlich. In diesem Milieu finden sich mit 26 Prozent deutlich weniger tägliche Internet-Nutzer als im Durchschnitt der Altersgruppe (71 Prozent). Ihre Zurückhaltung in Sachen Internet basiert auf einem ganzen Ursachenbündel: keine Möglichkeit, das Internet zu Hause nutzen, geringe finanzielle Budgets, um einen mobilen Zugang selbst zu finanzieren, aber auch eine niedrige subjektive Internet-Kompetenz.

Rund 25 Prozent der Verunsicherten bewerten ihre subjektive Internet-Kompetenz als mangelhaft oder ungenügend. Das ist der höchste Wert im Milieu-Vergleich. Im Durchschnitt stehen diesem Wert zwei Prozent gegenüber. Zwar bewertet auch rund ein Viertel die eigenen Kompetenzen als gut oder sehr gut, aber damit sind die Verunsicherten wiederum deutlich unterrepräsentiert (63 Prozent im Durchschnitt). Hierbei sind zudem nur diejenigen berücksichtigt, die das Internet nutzen. Auch im Vergleich mit den Eltern bewerten nur rund 40 Prozent dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen die eigene Internet-Kompetenz als höher (76 Prozent im Altersdurchschnitt).

Der Anteil der Nichtnutzer liegt in diesem U25-Internet-Milieu auch deutlich höher als in anderen, in denen er sich in der Regel auf null bis ein Prozent beläuft. Wenn auch der Anteil der Nichtnutzer aufgrund der Größe dieses U25-Internet-Milieus nur wenige Fälle in der Gesamtstichprobe ausmacht (N = 8) und damit kaum zu interpretieren ist, sollte dieser Befund berücksichtigt werden. Der überwiegende Anteil dieser Nichtnutzer hält es zudem für unwahrscheinlich, sich zukünftig mit dem Internet zu beschäftigen. Der Hauptgrund für die Nicht-Nutzung des Internets ist der fehlende Internet-Zugang im Elternhaus.

Diese jungen Menschen zeigen sich auch in Bezug auf verschiedene Dimensionen des Lebens seltener zufrieden als Gleichaltrige. Das trifft auf die Bereiche finanzielles Budget und schulische Leistungen zu und gilt auch für die Beziehung zu den Eltern. Mit letzterer sind zwar rund 75 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden. Das sind aber deutlich weniger als im Altersdurchschnitt (87 Prozent).

Gegenüber Facebook sprechen die Verunsicherten ein deutliches Misstrauen aus. Die Internet-Nutzer unter ihnen haben bei Facebook im Milieu-Vergleich auch deutlich seltener ein Profil. Auch bei anderen Aktivitäten online zeigen die Verunsicherten eine geringere Partizipation. Das beginnt beim Schreiben und Versenden von E-Mails, zeigt sich beim Chatten oder auch bei der Suche nach Informationen über Dinge, die gekauft werden könnten, sowie aktuelle Ereignisse in Politik und Gesellschaft. Es ist jedoch wichtig zu sehen, dass es sich dabei häufig um Aktivitäten handelt, die für die Verunsicherten auch lebensweltlich kaum von Interesse sind. Ihnen fehlen in der Regel die Möglichkeiten, an jugendtypischen Konsumaktivitäten teilzunehmen, und der mediale Diskurs über Politik und Gesellschaft findet abseits ihrer Alltagssprache und Themenwelten statt.

Aussagen zum Thema Medien, Internet und Online-Communitys

Aussagen zum Thema Medien, Internet und Online-Communitys

Datenschutz und Schutz der Privatsphäre im Internet sind keine Kernthemen der Verunsicherten. Sie interessieren sich seltener als Gleichaltrige dafür und fühlen sich zugleich auch schlechter informiert. In diesem U25-Internet-Milieu findet sich der größte Anteil derer, die zustimmen, die eigene Online-Zeit aufgrund des wahrgenommenen Sicherheitsrisikos einzuschränken. In der Abfrage verschiedener Risiko-Aspekte bewegen sie sich im Durchschnitt; bei ihnen handelt es sich vielmehr um eine diffuse Unsicherheit, die auch auf einer geringen Auseinandersetzung mit dem Medium beruht. Verunsicherte fühlen sich dementsprechend auch häufig nicht in der Lage, konkrete Risikopotenziale einzuschätzen.

Auf technische Sicherheitsmaßnahmen durch Softwarekontrollen greifen die Verunsicherten kaum zurück. Auch die Möglichkeiten zur Passwortkontrolle nutzen sie wenig. Dafür zeigen sie eine starke Nutzung der Datenkontrolle, verzichten also eher darauf, Daten hoch- oder herunterzuladen, als sichere Wege dafür zu suchen. Genutzt werden auch die Möglichkeiten manipulativer Kontrolle, also falsche Angaben auf Websites zu machen.

Wem vertrauen diese verunsicherten jungen Internet-Nutzer? Intuitives und soziales Vertrauen ist kaum erkennbar. Sie verlassen sich darauf, dass die – wenigen ausgewählten – Seiten, die sie besuchen, sicher sind. Erfüllen Internet-Seiten bestimmte Merkmale (keine Pop-up-Werbung, nicht zu bunt gestaltet), gelten sie als verlässlich. Als vertrauenswürdig gelten zudem persönlich bekannte Personen, wie Eltern, Geschwister oder Lehrkräfte.

Vertrauen und Sicherheit

Vertrauen und Sicherheit

Bei der Bewertung der zukünftigen Bedeutung des Internets zeigt sich, dass sich die Verunsicherten sehr wohl bewusst sind, dass sie – nicht immer freiwillig – eine besondere Rolle innehaben: Dass es in Zukunft noch möglich sein wird, komplett offline zu sein, halten nur wenige von ihnen für möglich, und dabei unterscheiden sie sich nicht signifikant vom Altersdurchschnitt. Dass sie selbst aber in Zukunft daran teilhaben werden, sehen sie eher nicht.

„Ich hab‘ kein Facebook, weil ich mich dafür einfach nicht interessiere, weiß ich nicht. Das ist …, wenn ich jemand kennenlernen will und mit ihm reden will, dann mache ich das so. Das muss ich nicht über Internet machen oder so.“ (14-17 Jahre, m)

„Ich habe von Anfang an nicht bei Facebook mitgemacht. Ich habe mich nie bei so was angemeldet. Ich war noch nie auf solchen Seiten, mir kann da nichts passieren.“ (18-24 Jahre, m)

„Ich würde Online-Banking auch nicht machen. Also ich habe es bis jetzt noch nicht gehabt und ich brauche es auch nicht unbedingt. Ich gehe lieber so zur Bank und überweise was. Das finde ich dann auch besser. Das ist halt dieses Persönliche wieder. Ja, ich weiß nicht, ob man beim Online-Banking, ob man da Fehler machen kann. Ich habe es ja noch nicht gemacht. Aber wenn ich jetzt sage, das soll auf das Konto, dann kommt es auch auf das Konto. Wenn da ein Fehler passiert, ist es ja nicht meine Schuld, sondern das von der Bearbeiterin. Also das finde ich sicherer.“ (18-24 Jahre, m)

„Ich weiß auch überhaupt nicht, was ich immer im Internet machen sollte, ich hab’ auch keine Leute, mit denen ich immer schreibe oder so.“ (14-17 Jahre, w)

„Ich bin der Meinung, eher die Leute, die da sich in Facebook beschäftigen, verpassen mehr als ich, obwohl ich kein Facebook besitze.“ (18-24 Jahre, m)

„Bei mir wird das Internet keine große Rolle mehr spielen, weil ich habe ja jetzt schon voll wenig damit zu tun.“ (18-24 Jahre, m)