10.2 Aufklärung und Sensibilisierung

Wenn das Thema Gefahren im Internet konkret problematisiert wird, zeigen insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene ein relativ ausdifferenziertes Risikobewusstsein. Der Fokus der Jugendlichen liegt dabei vor allem auf persönlichen Verletzungen wie Mobbing, Beleidigungen bzw. Belästigungen und Stalking. Die jungen Erwachsenen fokussieren sich demgegenüber eher auf kriminelle Übergriffe und Verletzungen der Datensicherheit, wie eine Infizierung des eigenen Computers mit Schadprogrammen oder auch das Ausspionieren eigener Daten. Kinder befürchten neben einer Infizierung des Computers mit Schadprogrammen häufig Übergriffe in der Offline-Welt durch die Preisgabe persönlicher Daten im Internet. Auch wenn sich vor allem junge Erwachsene zum Beispiel mit Hilfe von Softwareprogrammen relativ umfassend gegen Verletzungen der Datensicherheit schützen, zeigt sich ein insgesamt eher diffuses bis widersprüchliches Sicherheitsgefühl. Dieses äußert sich beispielweise darin, dass ein Großteil der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwar glaubt, dass ihre persönlichen Daten noch nicht missbraucht wurden, diese jedoch trotzdem nicht sicher seien.

Zudem kann unter den jungen Menschen ein eigenes Verständnis von Privatheit in der Online-Welt festgestellt werden. So geht es vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Online-Communitys wie Facebook weniger um den Schutz persönlicher Daten als um den Schutz der Inhalte der eigenen Online-Kommunikation. Für Jugendliche gehört in den Bereich des Privaten insbesondere das, was intim oder möglicherweise peinlich ist. Bei den jungen Erwachsenen zeigt sich ein pragmatischeres, aber dennoch sehr bewusstes Informationsmanagement bezüglich der Preisgabe von und des Umgangs mit Informationen über sich selbst und andere. Privatsphäre-Management heißt hier vor allem auch Reputationsmanagement innerhalb des online vertretenen (Bekannten-)Netzwerks.

Neben dieser neu gelagerten Sicht auf Privates zeigt sich aber auch eine gewisse Überforderung beziehungsweise ein fehlendes Verständnis einer sinnvollen Nutzung und Anwendung vorhandener Sicherheits- und Privatsphäre-Einstellungen – sowohl bei Kindern als auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. So wird zum Beispiel die Gefahr des Mobbings in Online-Communitys klar gesehen und als deutlich unangenehmer empfunden als Belästigungen in der Offline-Welt. Gleichzeitig werden mögliche und vorhandene Sicherheitsvorkehrungen, wie beispielsweise das Sortieren von Freundes- und Empfängerkreisen in dafür vorgesehene Listen, häufig nicht ausgeführt. Diese und vergleichbare Maßnahmen zur Kontrolle der eigenen Privatsphäre – und auch die Überprüfung der Wirksamkeit derselben – sind den Befragten entweder unbekannt oder erscheinen als zu komplex und insgesamt als zu anstrengend in der Anwendung. Abgesehen davon kümmern sich bei knapp der Hälfte der Kinder ausschließlich die Eltern um mögliche Sicherheitsmaßnahmen.

Im Unklaren befinden sich junge Menschen zudem, was den Bezug von kulturellen Gütern im Internet betrifft. Online Musik zu hören, Filme zu schauen und das Hoch- und Herunterladen von Inhalten ist heute gängige Praxis. Dass es sich bei diesen Aktivitäten allerdings häufig um rechtliche Graubereiche oder auch illegale Handlungen handelt, ist einem Großteil der 9- bis 24-Jährigen durchaus bewusst und auch nicht gleichgültig. Dennoch wird die gängige Praxis nicht durchbrochen, sondern mit Hilfe eben dieser legitimiert. Die Wahrnehmung, dass sämtliche Freunde und Bekannte an diesen Aktivitäten partizipieren, stärkt das eigene Sicherheitsgefühl und schafft damit trotz vorhandener Zweifel eine ausreichende Handlungsgrundlage.

Die festgestellten Unsicherheiten und Unklarheiten bezüglich des eigenen Verhaltens im Internet lassen Bedarf an Beratungs-, Aufklärungs- und Sensibilisierungsangeboten erkennen. Die verschieden gelagerten Wahrnehmungen und Bewertungen von Sicherheits- und Privatsphärefragen verdeutlichen die Notwendigkeit, die identifizierten Zielgruppen- und milieuspezifischen Unterschiede zu berücksichtigen. Grundsätzlich bietet es sich an, im Kontext konkreter – und von den jungen Menschen am häufigsten verwendeter – Internet-Anwendungen und Online-Communitys auf Hintergründe von Datenfreigaben und deren Risiken sowie auf weiterführende Sicherheitsmaßnahmen aufmerksam zu machen, sie zu thematisieren und zu diskutieren.

Ähnlich verhält es sich mit der sich nach wie vor ändernden und insgesamt sehr komplexen Rechtslage hinsichtlich der Nutzung kostenfreier Inhalte im Internet.1 Auch hier wäre ein Aufzeigen der Möglichkeiten und der Risiken – abgestimmt auf verbreitete Nutzungsaktivitäten – sinnvoll.

Möglichkeiten ergeben sich auch für die Betreiber von Online-Plattformen und -Angeboten. Sowohl eine Optimierung hinsichtlich der Verständlichkeit als auch eine kommunikative Vermittlung der Relevanz verschiedener Sicherheits- und Privatsphäre-Einstellungen sind hier denkbar.

  1. Heidrich 2013: Die Entwicklung des Urheberrechts im Jahr 2013 – Stillstand und Interessenpolitik. In: DAS NETZ, Jahresrückblick Netzpolitik 2013 – 2014, Berlin. S. 28 – 31. []