4. E-Commerce – Warum wir Unternehmen im Internet vertrauen

Als Electronic Commerce (E-Commerce) bezeichnet man den im Internet stattfindenden Handel von materiellen Gütern, Dienstleistungen (z. B. Lieferservices), Nutzungsrechten (z. B. Reisen, Eintrittskarten) und Informationen (z. B. kostenpflichtige Downloads). Wie der Abschnitt über Risiken im Internet gezeigt hat, gibt es insbesondere beim Online-Shopping viele Sicherheitsrisiken wie beispielsweise Produktfälschungen, Sicherheitsprobleme bei der Zahlungsabwicklung oder Missbrauch von persönlichen Daten (Deutsche Post DHL, 2012, S. 34, 78). Die Tatsache, dass dennoch viele Deutsche im Internet kaufen, verdeutlicht, dass ein grundsätzliches Maß an Vertrauen vorhanden sein muss, das die Sicherheitsbedenken überwiegt. So zeigt sich, dass das Interesse der Deutschen am Online-Handel in den letzten Jahren ungebrochen ist (Institut für Demoskopie Allensbach, 2012). Bereits 64 Prozent der deutschen Bevölkerung haben online gekauft (BITKOM, 2011). Unter den Internet-Nutzern sind es sogar 96 Prozent (D21 & bvh, 2012b, S. 6). Statistiken zeigen zudem, dass der Umsatz im elektronischen Handel in Deutschland über die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen ist und mit knapp 30 Milliarden Euro bereits 17 Prozent des Gesamtumsatzes der Firmen ausmacht (bvh, 2012; BITKOM, 2011).

Obwohl Online-Shopping für viele Menschen zum Alltag geworden ist, haben viele Konsumenten Angst, negative Erfahrungen zu machen. Beispielsweise hat eine Umfrage zur Veröffentlichung persönlicher Informationen im Internet ergeben, dass lediglich zwölf Prozent der Befragten schon einmal ohne Bedenken Adress- und Kontodaten beim Online-Shopping angegeben haben. 47 Prozent der Befragten haben ihre Kontaktdaten mit Bedenken angegeben. 14 Prozent haben dies aus Datenschutzgründen nicht getan (KetchumPleon, 2011). Eine weitere Unsicherheit besteht für Konsumenten in der Unmöglichkeit, Produkte vor dem Kauf näher physisch zu begutachten und anzufassen. Manche Produkt-Eigenschaften, wie beispielsweise der exakte Farbton oder die Haptik des Produkts, können teilweise nur unzureichend beurteilt werden. Dies kann zur Folge haben, dass der Erhalt der Ware statt in Freude in einer Enttäuschung endet – sofern die Ware überhaupt ordnungsgemäß zugestellt wird. Es stellt sich die Frage, wie kompetent, wohlwollend und integer, also wie vertrauenswürdig der Online-Händler wahrgenommen wird. Eine negative Beantwortung dieser Frage – ein Mangel an Vertrauen – gilt als eine Hauptursache für die Zurückhaltung oder Verweigerung von Online-Shopping (Hoffman, Novak, & Peralta, 1999).

Der Vertrauensaufbau bei einem ersten Kontakt zu einem Online-Händler entsteht über die Wahrnehmung von Websites der Unternehmen als dem meistgenutzten Vertriebs- und Kommunikationskanal (Capgemini, 2012). Die Unterscheidung zwischen dem Erstkontakt mit einer Internet-Präsenz eines Unternehmens und dem wiederholten Besuch dieser Website ist wichtig. Während beim Erstkontakt die Website zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit herangezogen wird, führen wiederholte Besuche und Kauferfahrungen mit einem Internet-Händler dazu, dass das Vertrauen gegenüber diesem aufgrund von Vorerfahrungen beeinflusst wird (McKnight et al., 1998). Spannend ist die Ausgangssituation, in der Konsumenten mit einem Angebot auf einer Website konfrontiert sind, mit der sie noch keine eigenen persönlichen Erfahrungen gemacht haben oder zu der sie keine mittelbaren Anhaltspunkte durch andere Personen haben. In diesen Fällen ist Vertrauen besonders relevant, wie auch eine Umfrage unter kleineren Online-Händlern zeigt. Als kleinere und somit meist unbekanntere Unternehmen haben sie ein verstärktes Interesse an der Steigerung des Kundenvertrauens (Der Handel, 2011, S. 10). Das Vertrauen in die Seriosität eines Unternehmens im Internet ist neben dem Preis eines Produkts ein entscheidendes Kriterium für die tatsächliche Kaufentscheidung (Ernst & Young, 2011, S. 17).

Im Internet treten Unternehmen nur indirekt über die Website in Erscheinung. Diese Internet-Präsenz ist heutzutage mit multimedialen und sozialen Elementen häufig weitaus reichhaltiger als bloße digi- tale Produktbeschreibungen. Dies wirft die Frage auf, anhand welcher Anhaltspunkte der Konsument seine Vertrauenseinschätzung trifft. Die wissenschaftliche Literatur unterscheidet hierbei zwischen visuellem Design (z. B. Farbgestaltung), inhaltlicher Ausgestaltung (z. B. Produktinformationen) und sozialen Funktionen (z. B. Möglichkeit von Produktbewertungen durch Kunden) (Karimov, Brengman, & Van Hove, 2011; Wang & Emurian, 2005).